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Holmtritt

Heute gibt es mal einen Ausflug in die Vergangenheit. Und zwar gab es im Jahr 2007 (laut der Allwissenden Müllhalde am 31. Juli 2007) eine Festnahme, wo ein Mann verhaftet wurde, dem vorgeworfen wurde, er gehöre einer linksextremistischen terroristischen Vereinigung an. Darauf gekommen ist die Polizei, weil der Mann in seiner Arbeit Texte veröffentlicht hat, die Worte enthielten, die auch in einem Schreiben der sogenannten militanten Gruppe verwendet wurden. Ein Wort erlangte damit für mich eine gewisse Berühmtheit, und zwar das Wort Gentrifizierung. Wenn man nun weiß, dass der Mann, Andrej Holm Stadtsoziologe war/ist, überrascht es eher weniger, dass der auch Texte veröffentlicht, die sich mit dem Thema Gentrifizierung befasst haben. Das wurde dann wohl auch dem Generalbundesanwalt damals aufgefallen (war das eigentlich schon der Range?), und die Vorwürfe wurden beizeiten abgelehnt. Aber wegen der angeblichen Mitgliedschaft in eienr angeblichen terroristischen Vereinigung hat die Staatsmacht in Form der BuKri so ziemlich ihr gesamtes Schnüffel-Equipment ausgepackt. Das wissen wir, weil Holms Lebensgefährtin, Anne Roth, auf einem der folgenden Chaos Communication Congress auf der Bühne erzählt hat, wie sich das Leben unter Überwachung in der Bundesrepublik so anfühlt. Und spätestens nachdem die Verfahren beendet waren, hatten sie ja auch Einblick in die Akten, aus denen sich erkennen ließ, wie die BuKri sie so überwacht hat, und wie lange.

Als letztes Jahr in Berlin gewählt wurde, und sich danach eine Koalition aus SPD, Linken und Grünen zusammenfand, haben die Linken den ihnen mindestens inhaltlich nahestehenden Soziologen Holm als Bau-Staatssekretär ernennen wollen. Immerhin weiß der Mann ja schon, was Gentrifizierung ist, und hat Ideen, was man dagegen tun kann. Dummerweise stellte sich aber heraus, dass Holm in den späten 1980ern, kurz vor der Angliederung der DDR noch eine Beschäftigung im Ministerium für Staatssicherheit angestrebt hatte. Diese haben ihm dann erst die Medien, dann die politischen Gegner, und gestern letztlich auch der Koalitionspartner (die mit dem "wer hat uns verraten"-reim) zum Vorwurf gemacht, so dass Holm am Montag seinen Rücktritt erklärt hat.

Bei der Geschichte stoßen mir ein paar Dinge unangenehm auf: Erstens hat niemand Holm vorgeworfen, dass er persöhnlich jemandem Unrecht getan hätte, als er vor immerhin 25 Jahren bei der Stasi tätig war (was Wunder, der wird ja nicht mal fertig ausgebildet worden sein). Sollte also eine Beschäftigung beim MfS Bürger lebenslang von jeglicher politischen Tätigkeit ausschließen? Dann wäre es vielleicht wirklich mal an der Zeit, die Akten der  ehemaligen Blockparteien zu veröffentlichen, und genau zu durchkämmen. Immerhin gibt es ja da noch das Gerücht, eine gewisse Frau Kasner könnte mal für das MfS tätig gewesen sein. Dann vermisse ich jegliche medialen Hinweise darauf, dass der Bundeskriminalgeheimdienst Holm und seine Familie ja für eine ganze Weile überwacht hat, und das ohne einen wirklich guten Grund. Wenn doch aber Überwachung immer ganz doll bäh-bäh wäre, warum wird dann nirgendwo die Überwachung thematisiert, die "wir" ausüben, unter dem Label des Rechtsstaats?

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