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Zensur-Eck

Was die taz hier aufgetan hat, darf wohl ohne Untertreibung als heiße Luft gelten. Das ominöse Zensur-Eckpunkte-Gesetz-Gedöns, was die Leyin im Kabinett durchgewunken haben will, fordert auf der gigantischen Anzahl von zwei (In Zahlen: 2) Seiten, dass doch alle ISPs ganz doll wichtig ganz doll Böse Seiten zensieren sperren sollen.

Die Sache hat nur einen riesengroßen Haken: Entscheidende Fragen bleiben aber ausdrücklich offen. "Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens werden die Eignung und Effizienz der unterschiedlichen Sperrmaßnahmen zu erörtern sein", heißt es wolkig in den Eckpunkten. Dabei seien auch "Fragen bezüglich des Schutzes der Grundrechte" zu klären. Oder anders ausgedrückt: Erst wird zensiert, dann wird geklärt, dass das eigentlich absolut verfassungswidrig war. Stichworte dazu: Artikel 5 Grundgesetz (Rezipientenfreiheit, "Eine Zensur findet nicht statt"), Artikel 10 Grundgesetz (Fernmeldegeheimnis).

Oder anders ausgedrückt: Die Kabinetts-Mitglieder, die Gerüchten zufolge alle einen Amtseid geschworen haben, in dem unter anderem die Verfassung (die immer noch auf dem Namen Grundgesetz hört) als zu schützendes Gut erwähnt wurde, werden morgen ein Papier beschließen, was ganz klar ankündigt, dass damit gegen die Verfassung verstoßen werden soll, um einen ominösen "Massenmarkt für Kinderpornografie im Internet empfindlich stören und ein weiteres klares gesellschaftliches Signal zur Ächtung von Kinderpornografie setzen".

Wenn der Verfassungsschutz wirklich die Verfassung schützen würde, müsste der sofort gegen die Mitglieder des Kabinetts vorgehen.

quasi eigentlich ein bisschen geleugnet

Mich beschleicht der Verdacht, Kabel Deutschland hat Angst davor, dass der Firma Kunden abhanden kommen, wenn sie zugibt, freiwillige Internet-Zensur zu betreiben. Deshalb ließ die Firma über einen Sprecher ausrichten: "Derzeit gibt es noch keinen Vertrag zwischen Kabel Deutschland und dem Bundesfamilienministerium, der die Sperrung von Kinderpornoseiten regelt."

Dummerweise ist diese Leugnung so schwammig, dass sie eher ein Eingeständnis ist: Derzeit besteht also noch kein Vertrag. Ich lese da vor allem die Worte derzeit und noch. Die stehen nur nicht im Widerspruch zur gestrigen Meldung. Da behauptet schließlich niemand, die Firma hätte bereits einen Vertrag unterschrieben. Das Wort noch interpretiere ich frei als Aussage, dass so ein Vertrag aber demnächst unterschrieben werden könnte, und würde.

Außerdem ist mir im Dementi noch der Vertragspartner unangenehm aufgefallen. Schließlich sollte doch nach dem geleakten Vertragsentwurf der Vertrag zwischen den Providern und dem Bundes-Kriminellen-Amt (kurz BKA) geschlossen werden. Das Leyenministerium ist da gar nicht in den Vertrag involviert. Aber ganz offensichtlich weiß der KDG-Sprecher das nicht, wahrscheinlich, weil immer wieder Vertreter des leyenhaften Ministeriums anrauschen, irgend welche Kinderpornos vorführen, und dann Forderungen in den Raum stellen.

Dass Golem in dem Artikel auf die FAZ verlinkt, wo die Leyen-Politikerette mal wieder sinnlose Worthülsen absondern darf, erwähne ich nur nebenbei, frage mich aber, was der Artikel wohl mit 'Zugangsnummern' der zu zensierenden Seiten meint.