Skip to content

Hörbefehl aus aktuellem Anlass

Es ist mal wieder so weit, dass ich euch eine Höraufgabe gebe. Und zwar gibt es bei den Atomforschern in Deutschland einen Doktor Sebastian Pflugbeil (der übrigens seinen Doktorgrad im Gegensatz zu einem Herrn Frhr. nicht an irgend welche Glocken hängt). Der Mann hat schon in der DDR zu Atom-Themen geforscht, und war Minister in der letzten Regierung der DDR, wobei er Einblicke in eigentlich geheime Unterlagen bekommen hat. Und diesen Mann hat vor einem dreiviertel Jahr Nicolas Semak für seinen Elemantarfragen-Podcast ausführlich (runde zwei Stunden) interviewt. Was dürft ihr von dem Interview erwarten? Keine Eile, dafür erst einen Einblick darin, wie das Leben unter Überwachung in der DDR war, kritische Betrachtung der Atomkraft, eine fundiert begründete Erklärung, was in Tschernobyl eigentlich passiert ist (die von der allgemein im Westen vertretenen Meinung klar abweicht), Was es mit den Krebsfällen bei Krümmel auf sich hat (nein, da ist ausnahmsweise nicht das AKW im Verdacht) und noch mehr. Und das alles äußerst kurzweilig erzählt.

Ich hatte den Podcast schon vor einiger Zeit gehört, und als mir heute der Name Sebastian Pflugbeil in einem Radiointerview begegnet ist, hab ich mir selbst vorgenommen, mir den ganzen Podcast nochmal anzuhören. Und jetzt geb ich euch das als Hörbefehl weiter. Für den Fall, dass das noch nicht klar sein sollte: Es lohnt sich.

atomare Mischung

Zwei Meldungen aus der vergangenen Nacht beschäftigen mich gerade. 1: Merkel: Keine Rückkehr zu rot-grünem Atomausstieg und nur kurze Zeit danach 2: Reaktor 2 in Fukushima ist explodiert, wobei wohl auch das Containment beschädigt wurde. Damit dürfte sich der Vorfall wohl als Super-GAU (Tech-Term laut Wikipedia: Auslegungsüberschreitender Störfall) qualifizieren. Wenn das Containment beschädigt ist, kann hochradioaktives Material ungehindert entweichen.

Wahlkampfatorium

Gestern hat die Regierung bekanntlich verkündet, die Atomlaufzeit-Verlängerung vorläufig (und ich betone: vorläufig) aussetzen zu wollen. Mal davon abgesehen, dass allem Anschein nach eben nicht in Neckarwestheim und Biblis sofort Reaktoren runtergefahren und dauerhaft abgeschaltet wurden, deren Laufzeit ohne Verlängerung schon längst abgelaufen wäre, sondern wohl erst noch mit den Atomkonzernen geredet werden sollte. Davon ganz abgesehen stinkt die ganze Aktion nach Wahlkrampf. Dass ausgerechnet die Atomlobby-Regierung auf einmal eine Erleuchtung hatte, und erkannt hat, dass Atomkraft eben gerade nicht nur durch die Aussage, sie sei sicher, sicher wird, davon gehe ich jedenfalls nicht aus. Jetzt soll also die Sicherheit der AKW mal geprüft werden. Komisch, heißt das etwa, die Laufzeiten wurden verlängert, ohne dass mal geprüft wurde, ob die Reaktoren überhaupt sicher sind? Dass Reaktoren akut unsicher sind, darf (hoffentlich) als unwahrscheinlich gelten, womit dann auch klar ist, was als Untersuchungsergebnis rauskommen dürfte: Klar sind die Reaktoren sicher im Sinne der bisher geltenden Regeln.

Die viel spannendere Frage ist, was die Lobbyierung nach den drei Monaten machen will, also wenn die akute Gefahr durch Wahlen vorbei ist. Wollen die dann die Laufzeitverlängerung (also von der Legislative beschlossenes Gesetz) mal wieder gelten lassen? Oder nicht? Wenn nein, wann bequemt sich die Exekutive Regierung mal, die Legislative um neue Gesetze zu bitten? Was ist mit den ältesten Reaktoren, deren Laufzeit ohne Verlängerung vorbei war, bleiben die dann aus? Dürfen deren verlängerte Energiekontingente umgeschichtet werden?Wie viel Geld blasen die Energiekonzerne dann noch in die Regierungsparteien, bis die beschließen, was die Lobbyisten ihnen vorflüstern?

Gehört es bei CDSU und FDP eigentlich zum Guten Ton, dass die Exekutive (Regierung) sich über Gesetze der Legislative (Parlament) hinwegsetzt? Die Laufzeitverlängerung ist eigentlich geltendes Gesetz, genau wie Zensursula. Wenn man das Gesetz loswerden will, braucht es dazu eine entsprechende Entscheidung des Parlaments. Bei den Banken- und Länderrettungsschirmen waren solche Entscheidungen innerhalb weniger Tage fertig. Zeitdruck geht als Begründung für Untätigkeit also nicht durch.