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Lügenschutz-Nichtsetz?

Es kommt Bewegung in die Lügenschutzgeld-Debatte: Dem einen der Gebrüder Kauder, Sigfried ist aufgefallen, was für eine selten dämliche Idee ein Monopolrecht auf kleinste Textbestandteile (Buchstaben?) so wäre, und das bei der lustigen Anhörung im Rechsausschuss kürzlich auch noch jede Menge Fragen offen geblieben waren. Der Vorsitzende dieses Ausschuss ist putzigerweise übrigens ein gewisser Herr Kauder mit dem Vornamen Siegfried. Und inzwischen ist Kauder also aufgegfallen, dass es da auch noch Auswirkungen auf verfassungsrechtlich garantierte Freiheiten haben könnte, wenn Verleger die exklusiven Nutzungsrechte an Sätzen erwerben können, und der Satz "morgen wird es regnen" nur mit Einwilligung und Zahlung an einen Verlag genutzt werden darf. Zusammen mit der Tatsache, dass der Lügenschutzgeld-Lobbyist Keese für längere Zeit in USA bleibt, könnte man ja vermuten, dass er da eine Schutzgeldzahlung von Google erpressen will, das leugnet Keese aber. Thomas Knüwer schließt daraus, dass das Gesetz gerade unauffällig scheitern könnte. Wenn es nicht in den nächsten vier Monaten noch durch den Bundestag geprügelt wird, wird es ja vor der Wahl ohnehin nichts mehr, und dann gilt auch der Koalitionsvertrag der jetzigen Regierung nicht mehr. Wobei ich auch nichts dagegen gehabt hätte, die Verleger zu erleben, wie sie von Google komplett ausgeschlossen werden und ihnen dann irgendwann aufgeht, dass sie ja doch Vorteile davon haben, wenn Google sie kostenfrei verlinkt.

Ein weiterer Punkt, der dem Gesetz droht: Die EU. Und zwar muss ein Gesetz, was sich auf das Internet auswirkt, bei der EU gemeldet werden, die dann drei Monate Zeit bekommt, bevor das Gesetz beschlossen werden darf. Darauf hat Thomas Stadler bei der Anhörung im Rechtsausschuss übrigens auch hingewiesen. Das gleiche Spiel hatten wir vor der letzten Bundestagswahl schon mit Zensursula. Der Unterschied dieses Mal: In drei Minaten ist die Sommerpause des Bundestages schon fast erreicht, und danach gibt es nur noch sehr wenige (keine?) Sitzungen des Bundestags bis zur Wahl. Und ein neuer Bundestag hat bisher einigermaßen konsequent alte Gesetzentwürfe neu in das Verfahren gebracht oder unter den Tisch fallen lassen. So könnte das Gesetz unauffällig unter den Tisch rutschen, ohne dass die Regierung oder die Verleger zugeben müssten, dass das eine dämliche Idee war.

Was dabei aber nicht verschwindet: Die Lügen der Verlagsmedien, die in der Kampagne für das Gesetz aufgefahren wurden und die das Mantra von der freien, unabhängigen Presse widerlegt haben. Beispiele gefällig? Da wären erstmal die Lügen aus dem Axel-Springer-Verlag, dass Aggregatoren ja ganze Artikel raubmordkopieren würden und der arme Verlag ja gar nichts dagegen tun könne. Oder der Zufall, wo in vielen Medien inhaltlich gleiche Artikel veröffentlicht wurden, dass Google ja eine große Firma sei, just nachdem Google seine Kampagne gegen das Gesetz gestartet hatte. Oder die Tatsache, dass kein Qualitätsjournalist sich kritisch mit dem Lügenschutzgeld befasst hat in einem Verlagsmedium. Kritik an der Finanzierung der Öffentlich-Rechtlichen Radio- und Fernsehsender findet sich dafür umso mehr. Aber das ist bestimmt etwas völlig anderes.