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Böhmermannzeige

Es ist mal wieder Zeit für ein hochpolitisches Thema. Das braucht aber ein Bisschen Vorgeschichte. Konkret geht es um den türkischen Regierungsobersten, den Herrn Erdogan. Der und seine Regierung pfeifen in der Türkei schon lange auf so Dinge wie Pressefreiheit. Das ging vor ein paar Wochen so weit, dass die Polizei/Militär eine Zeitung gewaltsam übernommen haben. Darauf hatte vor 3,5 Wochen die NDR-Fernsehsendung "Extra3" Bezug genommen, als sie ein Musikvideo zeigten, wo auf das Nena-Lied "Irgendwie, irgendwo, Irgendwann" mit "Erdowie, Erdowo, Erdowann" ein neuer Text gelegt wurde, in dem eben neben anderen kritische n Themen auch die fehlende Pressefreiheit erwähnt wurde. Vor 2,5 Wochen fiel das Video irgendwie Erdogan auf, woraufhin der deutsche Botschafter in der Türkei einbestellt wurde, und vermutlich lautstark verbal abgewatscht wurde. Da vermeldeten Merkels Lautsprecher noch, die Pressefreiheit sei Merkel total wichtig (wie man an dem brüllenden Schweigen zu der gewaltsam übernommenen Zeitung ja sehr deutlich erkennen konnte).

Die nächste Eskalationsstufe gab es, als vor 1,5 Wochen der "guckt mal, wie lustig ich bin" Böhmermann in seiner ZDF-Sendung erst ansagte, dass das, was danach käme nach deutschem Recht nicht ginge, und dann eine gedichtete Runde an ziemlich pauschalen Beleidigungen in Richtung Herrn Erdogan verlaß. Das ZDF hat das Video kurz nach der Ausstrahlung aus dem Netz entfernt, und Merkels Lautsprecher (der Cybert) betonte vergangene Woche, dass Merkel und Erdogans Subordinat Davutoglu telefoniert hätten, und sich einig gewesen seien, dass das Gedicht bewusst beleidigend gewesen sei. Ob Merkel und Davutoglu sich auch über die grundgesetzlich nicht explizit eingeschränkte Kunstfreiheit einig waren, hat leider niemand dem Cybert aufgeschrieben, weswegen der das nicht vorlesen konnte.Noch in der vergangenen Woche wurde dann bekannt, dass es Anzeigen gegen den Böhmermann gäbe, und eine Staatsanwaltschaft prüfen würde.

Nun gibt es bei der schnöden Beleidigung einen kleinen Haken: Die kann von der Staatsanwaltschaft nur verfolgt werden, wenn eine konkret beleidigte Person das beantragt. Dass Herr Erdogan einen solchen Antrag gestellt hätte, wäre eher unwahrscheinlich. Es gibt aber noch einen anderen Paragraphen im deutschen Strafrecht: Den §103 StGB: Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten. Der kommt aber auch mit einem Haken: Das wird nur verfolgt, wenn der ausländische Staat das verlangt, und die inländische Regierung das erlaubt. Und die Frage, ob Merkel erlaubt, dass ein Herr Erdogan einen sogenannten Satiriker in Deutschland strafrechtlich verfolgen lassen wird, diese Frage wurde offenbar von Merkels Lautsprechern so intensiv nicht beantwortet, dass das auch der Tagesschau aufgefallen ist. Pro-Tipp: Merkels Lajutsprecher beantworten gerne Fragen nicht, wenn das peinlich werden könnte. Aktuelles anderes Beispiel: Die Frage, wo aus Regierungssicht in Europa Steueroasen lägen. Sagt ein Regierungslautsprecher offiziell, er sagt das nicht, "weil ich heute keine Lust dazu hab." Und dann antwortet ne ganze Woche keiner der Lautsprecher des Geldkoffer-Ministers.

Aber zurück zu Erdogan und der Frage, ob Merkel dem die Strafverfolgung erlaubt. Meint Udo 'Lawblog' Vetter dazu: Das ist eine politische und keine juristische Frage. Ich tippe mal: Merkel will, dass Erdogan ihr die Bösen, Bösen Flüchtlinge abnimmt und nach Syrien verschickt (letzteres leugnen ihre Lautsprecher dann wieder). Und weil Erdogan das nicht mehr tun könnte, wenn der nicht Böhmermann fressen darf, wird Merkel dem genau das erlauben. Wie war das noch mit dem freundlichen Gesicht, Frau Merkel?