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Assanglieferung

Große Aufregung von Freitag: Eine Verschwörungstheorie von vor zehn Jahren ist wahr geworden, und die britische Regierung liefert Julio Assanchez an die Amistanische Regierung aus.

Bisschen Hintergrund: Es gab da mal eine Plattform Wikileaks, wo Leute anonym Videos und andere Dokumente reinwerfen konnten, die die dann veröffentlicht haben. Da waren auch so Videos bei wie das aus einem Amistanischen Militärhubschrauber, wo der Bordfunk mit Video begleitet zeigte, wie die amistanischen Kriegsverbrecher Journalierende getötet haben (wenn Der Russe auch nur Vorwürfe bekäme, ähnlich gehandelt zu haben, wäre das medial klar Kriegsverbrechen, aber Der Ami ist ja Stets Gut Und Richtig, und deswegen muss man das nicht erwähnen). Diese Veröffentlichung war aber auch eine der letzten Veröffentlichungen, die noch irgendwas mit Journalismus zu tun hatten. Danach ist ein Gründer der Plattform in Schweden mit dem Vorwurf konfrontiert worden, er habe sexuelle Handlungen an Frauen vorgenommen, die diese nicht gewollt hätten, und hat sich bei der ersten Gelegenheit nach London begeben, wo dann die schwedische Justiz länger versucht hat, seine Ausreise zu erwirken, bis er vor ungefähr zehn Jahren aus dem Hausarrest ausbrach, und sich in der Botschaft Ecuadors eingesperrt hat. Weil, so zumindest die öffentliche Begründung, Schweden würde ihn ja an Den Ami ausliefern, und die Vorwürfe wären ja nur vorgeschoben. Die britische und die schwedische Justiz, vor denen er beide in der Botschaft sich versteckte, haben noch eine Weile versucht, ihn irgendwie da rauszubekommen, dann sind bei den schwedischen Vorwürfen irgendwelche Fristen abgelaufen (Verjährung?), und nur die britische Justiz hatte noch Interesse an dem Mann. Und dann hat in Ecuador die Regierung gewechselt (Wahlen können sowas manchmal bewirken), und die neue Regierung fand, ein Julian A. sollte mal der britischen Strafverfolgung übergeben werden, was dann auch geschah. Ach ja, in der Zwischenzeit sind bei Wikileaks reihenweise Helfer abgesprungen, und die letzte Meldung, die mir dazu über die Wahrnehmung lief, war, dass es da einen NDA gäbe, dass ausgerechnet die Plattform, die anderer Leute Geheimnisse an die Öffentlichkeit zu bringen versprach, ihre internen Geschäfte verheimlicht wissen wollte.

Wenig überraschend wurde Assange dann nach seiner Entfernung aus der ecuadorianischen Botschaft eingesperrt (erstmal mit der Begründung, dass er ja aus nem Hausarrest abgehauen ist, später weiß ich gar nicht, was die offizielle Begründung war. Die schwedische Justiz hatte irgendwie kein ernsthaftes Interesse mehr den offensichtlich körperlich und geistig beschränkt gesunden Assange noch befragen zu wollen, aber die US-Justiz packte ziemlich schnell den Wunschaus, seiner habhaft zu werden. Und das dürfte dann mit dem Beschluss vom 17. wahrscheinlicher geworden sein.

Einerseits könnte man, wie die deutschen Regierungen, darauf verweisen, was für Rechtsstaaten das doch alles wären, aber nachdem ich inzwischen begründete Zweifel an der Gerechtigkeit sowohl der hiesigen, wie auch der amistanischen Justiz hege, bin ich mir nicht sicher, ob das ein valides Argument wäre. Andererseits kann natürlich die Regierung nicht zugeben, dass es offenbar verschiedene Ebenen an Gerechtigkeit hierzulande gibt, wo Vertreter von Der Staat Leute umbringen können, ohne bestraft zu werden, während Personen, die nicht Der Staat sind, schon für Kleinkram bestraft werden. Da gab es zumindest in Amistan schon Einzelfälle von Verurteilungen staatlicher Tötungen, so dass man zumindest in der spezifischen Ecke von Juristerei einen kleinen Vorteil der Amis erahnen kann.

Was einen Assange erwartet, kann ich auch nur mutmaßen. Die konkreten Vorwürfe wurden mir jedenfalls noch nicht ausgewalzt, von daher vermute ich mal, dass bestimtme Veröffentlichungen, die für Den Ami peinlich waren als Geheimnisse deklariert werden, deren Veröffentlichung Voll Doof sein muss, worauf dann eine gepfefferte Strafe steht. Wer sich darüber aufregen will, darf die Bundesregierung gerne mal zu Details der hiesigen Spionagedienste befragen, und das lautstarke Schweigen als Antwortsimulation mit der GloMar-Verteidigung ("I can neither confirm nor deny") der Amis vergleichen. So gigantisch sind die Unterschiede da nicht.