Ich hab mal nach langer Zeit eine neue spannende Geschichte von der Arbeit. Da ist, wie in vielen anderen Branchen auch, gerade Tarifverhandlungs-Saison gewesen. Um die Lage etwas spannender zu gestalten fühlen sich historisch bedingt zwei Gewerkschaften für die Firmen zuständig, zu deren Geflecht auch mein aktueller Auftraggeber gehört. Eine riesengroße und eine winzige Gewerkschaft, die ich in den Medien bisher nie gesehen hatte. Bisher hatten Gewerkschaften und Auftrags- und Geldgeber immer geschafft, dass beide den gleichen Vertrag ausgehandelt hatten.
Dieses Jahr war es so, dass die große Gewerkschaft bockig gespielt hat, während die kleine schon vor einigen Wochen eine Einigung erzielt hat. Die war jetzt nicht gigantisch (jährlich zwe Prozent, Laufzeit zwei Jahre, wobei nach einem Jahr automatisch die zweiten zwei Prozent kommen) aber okay. Dabei gibt es dann den Haken, dass irgendwelche Besitzstände ("Weil wir's schon immer so gemacht haben"-Regeln langjährig Beschäftigter von zum Beispiel meinem alten Brötchengeber) dabei angerechnet werden sollten, was dann die Betroffenen nicht so gut fanden.Im Ergebnis hat die große Gewerkschaft ein Schaum-vorm-Mund-Papier veröffentlicht, in dem sinngemäß drin stand, wie es denn sein könne, dass DIE vorschreiben wollten, was WIR auf UNSERE Besitzstände zu verzichten hätten. Das +bliche Gesülz von Gewerkschaftern, wenn sie sich nicht mehr hinter Forderungen von Solidarität verstecken.
Wenig überraschend kam es dann auch nicht zu eienr schnellen Einigung mit dem Tarifpartner, so dass dann Anfang des Monats die Verhandlungen für gescheitert erklärt wurden, und nach Urabstimmung dann auch Streiks ausgerufen wurden. In der Zeit ging dann praktisch gar nichts mehr in einigen Bereichen. Letzte Woche haben dann Gewerkschaftler und Arbeitgeber-Vertreter es geschafft, eine Einigung zu finden, die wie folgt aussieht: Auch 24 Monate, 3,6 Prozent mehr, gestaffelt als 3 sofort, 0,6 nächstes Jahr. Und für die Leute, die der Arbeit durch Streik geschadet haben, auch noch eine Belohnung in niedriger vierstelliger Höhe.
Kurz überschlagen nehmen die Gehaltserhöhungen sich nicht viel, da sieht der Vorschlag von Pferdi sogar eher schlechter aus durch die 0,6, die ja nie und nimmer ein Inflationsausgleich sein werden. Das wird nur dadurch gemildert, dass es die 3 Prozent dann schon früher gibt. So weit, so unspektakulär, dachte ich. Bis ich auf einem Meeting Meinungen von Kollegen gehört habe. Da gab es Pferdi-Mitglieder, die sich verarscht gefühlt haben, weil sie wegen ohnehin schon großer Belastung nicht gestreikt haben und dafür jetzt bestraft werden, indem sie keine Arbeitsverhinderungsprämie bekommen. Der größte Brüller war aber, dass ein (offensichtlich Pferdi-Mitglied) meinte, man hätte ja bestimmt mehr rausholen können, wenn mehr Leute gestreikt hätten. Die Kapitalisten drucken sich ja bestimmt ihr Geld selbst. Oder so.
Ich bin jetzt in der spannenden Situation, dass ich mir aussuchen kann, welchen Vertrag ich haben will. Als Nichtmitglied einer Gewerkschaft bietet die Personalabteilung an, dass ich mir einen Vertrag aussuchen darf, den ich verbindlich benenne, und dann ab sofort danach bezahlt werde. Und mein Bauchgefühl sagt mir, dass die Pfeifen von Pferdi mich nur noich mehr verarschen werden und ich bei der kleinen Gewerkschaft zumindest erstmal besser aufgehoben bin, was den Vertrag angeht. Wenn ich es mir nicht noch anders überlege, werde ich mich wohl mal dem Vertrag der Winz-Gewerkschaft anschließen, in der Hoffnung, dass wenn die ihre Mitglieder verarschen, sie das wenigstens nicht ganz so offensichtlich machen.