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Wahlränder

Bevor es ganz untergeht: Am 17. März hat die Regierung im Bundestag ein neues Wahlrecht durchgesetzt, offiziell mit der Begründung, man wolle den Bundestag auf eine feste Größe von 630 (statt bisher 598) Abgeordnete bringen, indem die Erststimmen entwertet werden, weil nicht mehr diejenigen Abgeordneten automatisch in den Bundestag einziehen, die jeweils mehr Stimmen als andere Kandidaten im jeweiligen Wahlkreis bekamen, sondern da noch irgend eine andere Regelung greift. Das gilt aber irgendwie nicht für Abgeordnete ohne Partei oder aus einer Minderheit. Außerdem, und das dürfte der Punkt mit der größeren Auswirkung sein, reicht es nicht mehr, dass eine Partei drei Direktmandate gewinnt, damit für die Partei insgesamt die 5%-Klausel nicht mehr gilt, sondern entsprechend der Zweitstimmen Abgeordnete in den Bundestag kommen dürfen. Über diese Regelung ist bei der letzten Wahl die Linkspartei als Fraktion in den Bundestag gekommen.

Ich kann nicht pauschal einschätzen, welche tatsächlichen Auswirkungen die Änderungen auf kommende Wahlen haben können, aber es wirkt nicht professionell, wenn die Regierung gegen alle Oppositionsparteien am Wahlrecht ändert. So dreist war nicht mal die Union, die wegen der CSU ohnehin keine größeren Änderungen vornehmen wollte (die CSU könnte relativ leicht unter einen Bundeswert von 5% fallen, und damit in einem neuen Bundestag nicht mehr vertreten sein, weshalb die Partei auch auffallen laut beim Beschweren ist gerade).

Betrügautoschaden

Neues in Sachen betrügende Autos: Da hat der Europäische Gerichtshof letzte Woche geurteilt, dass Käufer von Autos mit illegalen Abschalteinrichtungen Schadensersatz geltend machen können. Und zwar auch dann, wenn die Abschalteinrichtung mehr daran liegt, dass die Abgasreinigung unterdimensioniert für das Auto ist. Damit können Autofirmen sich nicht dahinter verstecken, dass in immer dickeren Autos winzige Abgasreinigung verbaut wird, die dann "versehentlich" nicht ausreicht, die Abgase wirklich zu reinigen. Oder eben die berühmten Thermofenster, die behaupten, die Abgasreinigung würde irgendwie Probleme bekommen, wenn ein Auto in winterlichen Bedingungen genutzt würde, anstatt wie bei den Abgasprüfungen in warmen Räumen zu sein. Und nun haben die Richter in Luxemburg also grundsätzlich eine Schadensersatzpflicht festgestellt. Ob die armen Autokonzerne sich das leisten können, oder erst wieder Arbeiter in Kurzarbeit schicken müssen, während sie ständig steigende Dividenden an Aktionäre ausschütten, wird man abwarten müssen...

Gerichtaganda

Meldung aus der 'ich kann da was nicht ernst nehmen'-Ecke: am 17. hat der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl für Wladimir Putin erlassen. 

Da gibt's dummerweise ein paar Haken: Das Gericht hat keine Exekutive, die so einen Haftbefehl durchsetzen können würde, und selbst wenn dürfte der russische Präsident nicht einfach so irgendwo verhaftet werden können. 

Aber wenn medial wieder vom regelbasierten Rechtssystem die Rede ist, wie war das mit dem Amistanischen Angriffskrieg auf den Irak? Den mit der gefälschten Begründung? Oder war das okay, weil...?

Übrigens hat USA ein Gesetz (American Service Members Protection Act), nach dem US-Personen, die vom IStGH angeklagt werden, gewaltsam befreit werden sollen. Komisch, dass so etwas in den Nachrichten nicht erwähnt wird. 

Fingernews

Zwei Nachrichten, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben: Ein Gericht befand, dass die Polizei Fingerabdrücke nutzen darf, um in ein Mobiltelefon einzubrechen. Und ein anderes Gericht erlaubt ausnahmsweise einen Ausweis ohne Fingerabdrücke, weil das Gericht Zweifel an den entsprechenden EU-Regelungen hat, die das verlangen würden.

"Sofort"hilfe

Erinnert ihr euch noch, wie im September letztes Jahr die Regierung realisiert hat, dass die Rentner, Studierenden und Azubis/Fachschüler noch nicht von Hilfsmaßnahmen gegen die akuten Preissteigerungen erreicht worden waren? Und dann wurden Einmalzahlungen beschlossen. Haken daran: Für die Studis und die Azubis/Fachschüler hat der Staat nicht zentral Kontodaten rumliegen. Und so hat es bis letzte Woche gedauert, bis eine Webseite mit angebundener Datenbank aufgesetzt war, wo eben diese Gruppe sich anmelden sollte und sowohl Berechtigungsnachweise, als auch Konten angeben darf. Bei der Anmeldung kommt dann noch ein bisher nicht sinnvoll verwendetes System "BundID" zum Einsatz, für dessen Einrichtung man entweder ein Elster-Zertifikat, oder einen elektronisch nutzbaren Ausweis haben muss. Weil, äh, naja, könnte man ja brauchen. Also für ne Einmalzahlung jetzt nicht dringend. Aber wer dringend Geld im Herbst gebraucht hätte, dürfte ohnehin ein Problem haben.

SVBank

Meldung vom 9. März: Da ist eine Bank namens Sillicon Valley Bank von der Bankenaufsicht übernommen worden, weil die sonst drohte in die Pleite abzurutschen. Nun wäre die Pleite einer einzelnen Bank keine Geschichte von möglicherweise größerer Trag weite, aber diese eine Bank hatte durch ihre Einbindung in die Finanzierung vieler Startups im Silizium-Tal eben eine größere Reichweite. Und es war wohl auch Bedingung für die Firmen da, dass die Geld bei der SVB haben sollten. 

Auslöser der akuten Krise, was ich so mitbekommen habe, war wohl, dass zu viele Leute Geld von der Bank holen wollten, was sie da eingezahlt wähnten. Weil ein ausgewachsener Bank-Run für keine einzige Bank einfach sein dürfte.

Mal abwarten, ob das dann wieder eine neue Reihe Implosionen von Banken lostritt, oder ob dieses Mal wirklich ein begrenztes Ereignis vorliegt.

Zwangsdaten

Und dann war da noch der Bundesmionister für Gesundheit, der digitale Daten so toll findet, dass er die elektronische Patientenakte für alle verpflichtend einführen will (man soll wohl irgendwie widersprechen dürfen), die gematik zu einer staatlichen Hilfsstelle machen will, und überhaupt, den störenden Datenschutz schleifen, damit die Forschung besser auf Gesundheitsdaten rumwerken kann.

Da sehe ich (und nicht nur ich) ein klitzekleines Problem: Gesundheitsdaten gehören mit zu den anspruchsvollsten Daten, wenn es um deren Schutz geht. Die zwangsweise in zentrale Datensilos zu packen, kommt da gar nicht lustig an. Schon gar nicht, wenn aus allen Richtungen begründete Kritik an den Datensilos seit Jahren besteht. Gegen die man nichts tut. Weil, äh.

Wie war das noch? Nehmt den Lauterbach als Minister, der hat so viel Ahnung von Gesundheit? Also bei Daten und deren Schutz hat er ziemlich offensichtlich nicht genug Ahnung. Und hört nicht auf Leute, die da Ahnung haben.

Nordström-Geschichte

Meldung aus der 'was hat da jetzt so lange gedauert'-Ecke: Die amistanischen Schnüffler und deren hiesige Lautsprecher haben vermeldet, wie offiziell die Anschläge auf die Nordström-Pipelines vor nem halben Jahr funktioniert haben sollen: Das wäre eine ganz kleine Gruppe "pro-ukrainischer" Leute gewesen, die das ganz ohne jegliche Unterstützung von irgendwem geplant und durchgeführt haben sollen. Ach ja: Beweise kann leider niemand zeigen, aber es gibt "Spuren" (die wir trotzdem nicht sehen dürfen, weil Geheimdienste, wissenschon). Ja, nee. Also erstmal erwarte ich, dass die Amis natürlich innerhalb weniger Stunden hochauflösende Bilder der Explosions-Orte gehabt haben werden (oder will ernsthaft jemand noch verkaufen, die Keyhole-Satelliten wären plötzlich alle woanders beschäftigt gewesen?), wenn sie das nicht selbst gewesen sein wollen. Und dann haben die nach nem halben Jahr nur undeutliches Geraune? Keine Namen, Überwachungsbilder der angeblichen Täter, sonst irgendwas? Oh, und die Überreste der zerstörten Pipelines, wer hat die weggeräumt, bevor die ersten Nicht-staatlichen Besucher da mal Videos gemacht haben? Auch die kleine, natürlich von keinem Staat unterstützte Gruppe völlig unabhängiger Personen, die man leider überhaupt nicht verfolgen könnte? 

Sorry, aber in der Geschichte sind ja noch mehr Löcher als in dem Märchen, wie angeblich der Skripal vergiftet worden sein soll, und das war schon gequirlter Unsinn. Da erwarte ich von Amistanern aber mehr. 

Mafiabgabe auch für Netzspeicher?

Meldung aus der 'die können aber auch nicht genug bekommen'-Ecke: Die Content-Mafia, hier in Form einer "Zentralstelle für private Überspielungsrechte" will dann mal Geld von Firmen, die irgendwas an Online-Speicher anbieten. Weil: Da könnte ja auch was gespeichert sein, wofür die Content-Mafia meint, Geld bekommen zu dürfen. Da gibt es nur zwei klitzewinzige Haken: Jedes Speichermedium, was man irgendwo in der EU kaufen kann, hat bereits einen 'da könnte man ja urheberrechtlich verwertbare Inhalte speichern'-Aufschlag im Preis, und so Online-Speicher wie Googles Drive fallen immer wieder damit auf, absurde Behauptungen von angeblich urheberrechtlich geschützten Dateien, die man nicht speichern dürfe, zu behaupten. Besonders auffällig war das zuetzt mit 1-byte großen Dateien. Wenn man also ohnehin nichts geschütztes speichern darf, und für die Speichermedien auch schon bezahlt wurde, was bringt die ZPÜ auf die Idee, einen Zahlungsanspruch zu haben? Erbringen die irgend eine Leistung?

Berlierung

Und dann war da ja in Berlin die Wahlwiederholung der vergangenen Landtagswahl gewesen. Wo die Regierungsparteien allesamt nicht so erfolgreich waren, aber durchaus noch hätten weiter regieren können. Die CDU hatte zwar mehr Stimmen als die anderen Parteien einzeln, aber vorher schon groß getönt, mit niemandem zusammenarbeiten zu wollen.

Wer bei der Situation erwartet hat, dass die frühere Bundesministerin Giffey ihrer partei empfehlen würde, die bisherige Regierung einfach weiterzumachen, hat aber nicht mit Giffey gerechnet. Die hat sich in Richtung Union gewandt. Wobei sie dabei als kleinere Partei das Amt der Bürgermeisterin mit aufgeben würde.

Spannend waren dann die Reaktionen der beteiligten Parteien. Grüne und Linke waren sehr unbegeistert. Die Union hat unionstypisch Macht gewittert und fand das toll, die SPD war erstmal nicht eindeutig zu erkennen, aber der lokal für Giffey zuständige Teil hat sich mehrheitlich gegen eine Koalition mit der Union ausgesprochen. Das ist erstmal kein finales Ergebnis, weil der Rest der SPD in Berlin sich dem ja nicht anschließen muss, aber für eine politische Karriere eienr Frau Nicht-Doktor Giffey sieht es eher nicht so gut mehr aus. Selbst, wenn die unter der Union irgend einen Posten bekommt, dürfte zur nächsten Wahl in bummelig drei Jahren eine Vertrauensbasis weitgehend fehlen. Und in der Bundespolitik war Giffey ja schon.

Quadurteil

Erinnert ihr euch noch, wie Sony (die mit dem Rootkit) meinten, Quad9 verklagen zu können, weil die zu irgendwo im Internetz rumliegender angeblicher Raubmordterrorkopien die Servernamen zu IP-Adressen aufgelöst haben, was gemeinhin die Aufgabe von DNS-Resolvern ist? Dazu meldet Heise, es hätte in Leipzig ein Urteil gegeben: Das Gericht hat irgendwie magisch befunden, Quad9 wäre bei irgendwas Täter, und müsste verurteilt werden. Weil, ist ja klar, Domainnamen zu IP-Adressen auflösen, das geht ja Gar nicht, wo kämen wir da auch hin. Nun ist der Witz an dem Urteil der, dass es für Internetserviceprovider damit gefährlich werden könnte, die Auflösung von Domainnamen zu IP-Adressen anzubieten. Und Straßenkarten sollten auch besser schnell verboten werden, denn damit kann man ja auch Adressen erfahren. Gelbe Seiten und Telefonbücher müssten ebenfalls sofort verboten werden, und dieses ganze Internetz, und die Post, und Telefone, und überhaupt Wege und Straßen, denn überall könnte man ja etwas Verbotenes tun. Oder anders ausgedrückt: Das Gericht in Leipzig hat es geschafft, ein schon ziemlich offensichtliches Fehlurteil aus Hamburg noch zu überbieten. Ich hoffe, dass das Urteil schnellstmöglich zu eienr höheren Instanz eskaliert wird, auf Bestrafung der Täter des offensichtlichen Rechtsbruches zu hoffen, braucht man ja nicht, dafür ist die Richterliche Unabhängigkeit viel zu geheiligt.

Filliost

Die Die Post hatte ich doch gerade erst kürzlich hier als Thema. Zum Monatswechsel ist die aber nochmal Berichtsgegenstand gewesen, weil die Die Post zu wenige Fillialen gerade in kleineren Orten hat(te). Ich gehe aber davon aus, dass für die Bundesnetzagentur nicht nur ausgewachsene Fillialen zählen, in denen extra Post-Leute nur Post-Dinge tun, sondern auch die bekannten 'Shop-in-Shop'-Dinger reichen, wo der örtliche Supermarkt in einer Ecke noch Pakete annimmt und abgibt, und Briefmarken verkauft, was aber keine Person voll auslasten muss. Ist halt blöd für die Post, wenn dann Läden das nicht anbieten wollen, weil sich das für die auch nicht lohnt. Wenn dann die BNetzA mit Konsequenzen droht, könnte die Post ihre Bedingungen noch ändern, oder eben eigene Leute in Läden schicken, oder gar separate Räume besetzen, wie früher, als Post noch eine Hoheitliche Aufgabe war.

Faktenerfinder

Die Tagesschau hält sich auf ihrer Webseite eine Sektion namens Faktenfinder, die dargestellt wird als unabhängige Prüfinstanz von Tatsachenbehauptungen. Dummerweise ist ausgerechnet der Fakrenfinder nicht so frei von Fehlern, wie es für eine glaubwürdige Faktenprüfung nötig wäre. Gerade neulich fiel ein Text über den Bericht von Seymour Hersh (der ja behauptet hat, die Angriffe auf die Nordstöm-Pipelines wären von der US-Regierung beauftragt) mit dem Detail auf, dass der Faktenerfinder behauptet hat, Hersh hätte von pflanzenförmigen Sprengladungen geschrieben. Im Original stand etwas in der Art von "they decided to plant shaped charges" was sauber übersetzt zu 'sie entschieden, Hohlladungssprengsätze zu deponieren' würde. Klar, kann so ein Fehler passieren, aber als Fatenfindung ist das doch ziemlich falsch. Gerade wer damit angibt, anderer Leute Behauptungen zu prüfen, sollte besser nicht solche unforced errors (das sind dumm übersetzt ungekraftete Fehler) öffentlich begehen. Sonst ist eben genau das Vertrauen in Gefahr, was sich eine Plattform wie die Tagesschau als langjährige Nachrichten-Quelle erarbeitet hat. 

Jallunteil

Und dann war da noch ein Grund, Zweifel an der Rechtstaatlichkeit zu haben: Das Bundesverfassungsgericht hat nämlich geurteilt, dass die Einstellung aller Verfahren wegen der Tötung von Oury Jalloh kein Verstoß gegen Grundrechte wäre. Dabei gibt es zumindest Grund zur Annahme, dass der Mann ermordet wurde, als er 2005 in einer Polizeizelle verbrannt ist. Gerichte haben sich mit der Ermittlung nicht so richtig nachhaltig befasst, und nun haben die Verfassungsrichter das auch noch für in Ordnung befunden, womit also innerhalb deutscher Gerichte nicht mit einer Lösung mehr zu rechnen ist. Aber Mord würde ja nicht verjähren, tönt es von Leuten, die sich damit schmücken, damalige Sekretärinnen aus KZs noch vor Gericht zu bringen. Wie das zum Fall Oury Jalloh passen soll, weiß ich nicht.

Apropos Tötungen und Polizei: Da gab es neulich eine Meldung, dass die Polizeien gar keien Ahnung haben, wie viele Leute nach Kontakt zu ihnen plötzlich nicht mehr lebten. Wie überaus konvenient, dass die Polizei gar keine Zahlen hat, wie viele Fälle von Tötung man mal genauer betrachten sollte. Aber, hey, auf der Packung steht was von Rechtsstaat, das wird schon stimmen.

Stifteil

Neues Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Die Finanzierung von Parteistiftungen, die bisher nicht gesetzlich geregelt ist, darf so nicht bleiben, sondern benötigt ein Gesetz. 

Geklagt hatte die AFD, deren Stiftung vom Bundestag kein Geld zugesprochen bekommen hat, und die sich damit benachteiligt sah. Auf richtige Regeln konnte irgendwie niemand verweisen dafür, und so befand das Gericht, das ein Gesetz nötig wäre.