Verfassungsbruch, permanent
Darüber, dass am Donnerstag die Frist abläuft, die das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber gesetzt hatte, um ein neues Wahlgesetz zu beschließen, habe ich mich im Podcast schon einige Male aufgeregt (aber noch nicht in schriftlich). Das sei hiermit geschehen. Was ich nicht wusste: Das ach-so-ehrenwerte Parlament ignoriert noch länger ein weiteres Urteil, bei dem es darum ging, dass Aufgaben innerhalb der Bundestagsfraktionen neben den ohnehin schon üppigen Diäten noch zusätzlich vergütet werden. Die Verfassungsrichter waren in einem Urteil aus dem Jahr 2000 der Meinung, dass nur die Fraktionsvorsitzenden eine zusätzliche Bezahlung erhalten dürfen, haben aber wohl keine konkrete Frist gesetzt, bis zu der sich die Bundestagsfraktionen an den Richterspruch zu halten hätten. Damit haben wir dann schon den dritten Fall, wo ein BVerfG-Urteil bestenfalls am Rande beachtet wurde, beziehungsweise in diesem Fall gar nicht. Der letzte Fall war das Urteil zum Hartz IV-Satz, der nicht nur für Kinder gar nicht ermittelt wurde (wurde er meines Wissens auch nach dem Urteil nicht), wo das Gesetz erst auf den letzten Drücker im Bundestag beschlossen wurde, dann aber vom Bundesrat nicht einfach abgenickt wurde (klar, mit den Länderchefs reden wäre ja auch kompliziert gewesen). Der neueste Fall ist das Wahlrecht, was nach dem Urteil bis zum 30.6. hätte geändert werden müssen, um zu verhindern, dass es negatives Stimmengewicht gibt. Das haben sowohl große Koalition als auch schwarz-geld schlichtweg ausgesessen, so dass zum Termin noch nicht einmal ein Gesetzentwurf im Bundestag liegt. Ob die angekündigte Einigung dem Urteil entspricht, wage ich nicht zu vermuten. Mindestens deren Beschlusstermin wird dem Urteil aber nicht genügen, der Entwurf soll erst irgendwann nach der Sommerpause beraten und beschlossen werden. Jetzt lese ich, dass die Abgeordneten noch ein weiteres Urteil ignorieren, was bei mir die Frage aufwirft, ob dem BVerfG nicht besser Sanktionsmittel zustehen sollten, womit die Richter Verfassungsbrecher wie die amtierende Regierung bestrafen könnte. Offensichtlich besteht da ein Bedarf.
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